Das wahre Leben schreibt die besten Seifenopern
Dr. Izabella Ewa Cech Chefredakteurin Polen News und Björn Hensel Jourlex www.newsletter-polen.de
Die „Farfalisierung“ von TVP trägt Früchte. Piotr Farfal, ein polnischer Nationalist, ist seit Dezember 2008 Chef des staatlichen Fernsehsenders TVP. Schon seine Ernennung wirbelte viel Staub in der europäischen Medienlandschaft auf. Worte wie: “Ex-Neonazi (Gazeta Wyborcza)“, fallen auch gelegentlich im Zusammenhang mit Farfal.
Aber von Anfang An
Kapitel I – Urbanski muss weg
2008, die „Ehe“ zwischen PiS und LPR scheint beendet zu sein. Der TVP Prezes Andrzej Urbanski (PiS) und Vice-Prezes Piotr Farfal (LPR) beginnen sich langsam gegenseitig zu demontieren. Am 28. November 2008 kommt es zur ersten Schlacht. Der Aufsichtsrat wirft Faral vor, die Personalpolitik manipuliert zu haben. Aus diesem Grunde wird er suspendiert. Der zu dieser Zeit als Vice-Chef agierende und suspendierte Farfal, wurde am 19. Dezember 2008 rehabilitiert und zum Präsidenten (Prezes) von TVP durch den Aufsichtsrat gewählt. Der bisherige Prezes Urbanski ist damit nicht einverstanden und klagt gegen die Entscheidung vor Gericht. Farfal übernimmt die Macht bei TVP. Urbanski muss sich zurückziehen und von seinem neuen Platz aus, beginnt er gerichtlich vor zu gehen. Jedoch bevor Piotr Fafral zum Prezes gewählt wird, müssen seine Gegner kalt gestellt werden. Noch vor dem 19. Dezember 2008 wird die Aufsichtsratsvorsitzende Janina Goss abberufen und ein zweites Mitglied, Janusz Niedziel, hat von selbst auf den Posten verzichtet. Danach wurden drei weitere Gegenmitglieder suspendiert, unter anderem Slawomir Siwek, der den Posten von Urbanski statt Farfal annehmen sollte. Unter den Suspendierten befindet sich auch Urbanski.
In TVP beginnt Farfal sofort seine eigene Ordnung einzuführen.
Kapitel II Merkwürdige Vergangenheit des neuen Chefs
Piotr Farfal Jahrgang 1978 hat an der Szczeciner Universität Jura studiert, danach absolvierte er ein postgraduiertes Studium im Steuerwesen in Wroclaw. Trotz seinen jugendlichen Sünden, wie er sich ausdrückte, die Fakt im Juli 2009 aus seiner neonazistischen Vergangenheit ans Licht gebracht hat, ist es ihm gelungen Vorsitzender bei TVP zu werden. Nach dem PiS den Kampf um den Einfluss im polnischen Radio schon verloren hat, ist Farfal mit seinem Kollegen Tomasz Rudomino dazu übergegangen das Gleiche beim staatlichen Fernsehen zu versuchen.
Hier gelten unterschiedliche Theorien. Das Internetportal Redakcja.pl hat sogar vier Theorien vermutet.
Die erste Theorie: Es ging um Macht bei TVP, wenigstens für einige Zeit. – so lautet eine Fassung.
Eine zweite Theorie , die von Rzeczpospolita und ihren Journalisten Cezary Gmyz geäußert wurde, es handele sich um Rache. Hintergrund: Die ehemaligen Koalitionsparteien Samoobrona (Selbstverteidigung) und LPR wurden von PiS verstoßen. Danach soll der LPR Anführer Roman Giertych einen SMS an Radoslaw Sikorski gesendet haben, mit der Bitte „PiS abzuschlachten“.
Eine dritte Theorie besagt, dass beide Herren in Verbindung mit dem Schatzministerium gehandelt haben sollten.
Die vierte Theorie besagt, dass Rudomino, ein ehemals der SLD nahe stehender Anhänger, diesen Angriff in Verbindung mit dem KRRiTV Mitglied Tadeusz Borysiuk abgesprochen haben soll.
Welche von diesen Theorien richtig ist, spielt jetzt keine Rolle. Fest steht Farfal ist im Alter von 28 Jahren der Vizepräsident von TVP geworden und mit 31 der Vorsitzende, was PiS wieder mal zu kurz kommen lies.
Kapitel III Siwek greift an
Der Aufsichtsrat war nicht komplett und nicht entscheidungsfähig riefen sofort die Gegner und PiS Anhänger. Nach ihrer Meinung durfte der Rat nicht Farfal als Prezes einsetzen und Urbanski und Siwek suspendieren. Es ich Rechtens sagen die anderen. Egal, hin oder her, Farfal regiert und Urbanski und Siwek klagen noch immer. Noch im Dezember 2008 hat Andrzej Urbanski gegen den Aufsichtsratsbeschluss Beschwerde beim Handelsregistergericht eingereicht. Das Gericht hat in einem Beschluss die Beschwerde abgelehnt und keine Unstimmigkeiten vorgefunden. Aber das ist noch nicht Ende dieses Streits.
Es geht um den neuen Antrag auf die Eintragung ins Handelsregister, die suspendierte Mitglieder wollen es verhindern, den neuen Aufsichtsrat ins Handelsregister eintragen zu lassen. Zusätzlich wollen Siwek und Urbanski auch Farfals Nominierung für ungültig erklären lassen. Der Kampf um die Macht geht in eine weitere Runde.
Aber im Hintergrund geht es doch nur um das neue Mediengesetz und um die derzeitige „Ehe“ zwischen PO und LPR. Farfal ist bereit mit jedem zu sprechen, um den Posten zu behalten. Auch das neue Bündnis mit PO scheint ihn nicht zu stören. Offiziell jedoch will PO nichts zugeben und hält sich bedeckt, wenn es um das Thema Farfal und TVP geht. Als geheimer Lover würde es in einer Seifenoper heißen.
Kapitel IV Frühlingsordnung und Superstar
Der Frühling kommt bald und Farfal hat schon in Januar ordentlich aufgeräumt. Zuerst hat er die Chefredakteurin von Wiadomosci entlassen, dann einige Filmemacher. Die ganze Medienbranche stellt sich gegen Faral. Erst dadurch wird er mächtig bekannt.
Von Nasz Dziennik über Gazeta Wyborcza, Rzeczpospolita, Dziennik, Newsweek, Wprost, alle berichten über die Lage im polnischen Staatsfernsehen TVP, auch ausländische Medien lassen den Namen Farfal bekannt werden. So wie ein Star wird Farfal sofort berühmt und weltbekannt, nicht nur in der Rechts(en)-Szene, sondern auch im richtigen Geschäftsleben. Man könnte sagen „Farfal for Präsident“, lieber nicht, bleiben wir bei der Tatsachen.
Kapitel V Sommerschlacht
Von den Geheimtreffen des Liebespaares PO und LPR wissen nur wenige. Offiziell hat Schatzminister Aleksander Grad und Premierminister Donald Tusk keine Ahnung, was da vor sich vorgeht. Keine gibt etwas zu, aber alles wissen es.
Das Gericht hat die Klage von Siwek und Urbanski zugunsten von Farfa? entscheiden. Der nicht vollständige Aufsichtsrat im Dezember war entscheidungsfähig und Farfal bleibt. Na ja bis zur Generalversammlung der Aktionäre, wo eventuell eine andere Entscheidung getroffen wird.
Im Juli fand die Generalversammlung der Aktionäre statt. Aleksander Grand eröffnete und beobachtete den Verlauf. Seine Aufgabe war es dann einzugreifen, wenn es Farfal schaden könnte. Wie ein Schutzengel musste jetzt Grad aufpassen. Der Staatsrat für Radio und Fernsehen (KRRiTV) verfolgt wiederum andere Ziele als Minister Grad und seine Leute. Nach dem Grad bemerkt hat, dass der Aufsichtsrat die Abrufung von Farfal vorbereitet, beendete er schnell die Generalversammlung. Auch der Aufsichtsrat musste schnell seine Arbeit beendet. Nach dem Statut wurde ein neuer Aufsichtsrat gewählt und neue Beschlüssen gefasst. Der Minister Grad war unzufrieden und klagte nicht nur gegen die Beschlüsse des Rates, sondern auch zweifelte er an der Legalität des neuen Rates. Die Beschlüssen über Zurückrufung oder Aufhebung der Suspendierung von Slawomir Siwek und Marcin Bochenka werden vom Schatzminister nicht anerkannt.
Kapitel VI der neue Aufsichtsrat
Welche Personen im Aufsichtsrat sitzen, weiß scheinbar Farfal nicht. Nach Angaben von Rzeczpospolita sollte Piotr Farfal, noch als Prezes von TVP, von dem Ministerium für Innere Angelegenheiten eine Liste von 243 Personen bekommen haben, die anscheinend KRRiTV zugehörig sein sollen. Der neue Aufsichtsrat ist noch nicht im Handelsregister eingetragen, so wurde es dem noch regierenden Farfal erschwert, die Personalien kennen zu lernen. Der Antrag auf die Eintragung des neuen Aufsichtsrates wurde abgelehnt, da keine PESEL-Nummern vorhanden waren. Am 16. September 2009 sollte die neue Aufsichtsratssitzung trotzdem stattfinden. Farfal kennt alle mögliche rechtliche Tricks, um diese Sitzung nicht beschlussfähig werden zulassen. Er weiß nämlich, die erste Entscheidung wird seine Abberufung. Auch die Gewerkschaften wollen ihn weg haben. Ende August kam es zu Streikvorbereitungen, wegen massiver Entlassungen von Journalisten und anderem Personal. Damit der „alte“ Farfal nicht gestört werden konnte, hat er alle Gegner schon vorher, auf das andere Ende Warschaus versetzt. Obwohl der neue Aufsichtsrat noch im Juli Slawomir Siwek zum Prezes von TVP gewählt hat, verbietet Farfal dem neuen Prezes den Zugang zum Gebäude von TVP. Ebenfalls weder Andrzej Urbanski noch Slawomir Siwek dürfen ins Gebäude rein. Die neue Sitzung des Aufsichtsrates soll endlich dem Prezes Farfa? das Ende bereiten. Der D-Day kommt, bald.
Kapitel VII D-Day und Exilregierung
Der Aufsichtsrat beschloss als eine seiner ersten Handlungen, die Sitzung fand erst am Samstag den am 19. September 2009 statt, Farfal zum 2. Mal als Präsident (Prezes) abzuwählen. An der Aufsichtsratssitzung nahm die Vertreterin des Schatzministeriums Frau Prof. Nowinska nicht teil. Minister Grad hatte sie gebeten zurückzutreten, was Frau Prof. Nowinska nicht getan hat. Sie ist einfach nicht zur Sitzung am Samstag erschienen.
Der neue Aufsichtsrat wollte am Montag dem 21.09.2009, mit dem neu gewählten Präsidenten (Prezes) Boguslaw Szwedo das TVP Gebäude betreten, doch das wurde ihm durch den Empfang verwehrt, da sie keine Hausausweise besaßen. Dieses Schicksal teilten die Mitglieder des Aufsichtsrates am 19. und 21. September 2009 ebenfalls, ohne das der ehemalige Chef Farfa? ihnen Hausausweise ausstellen ließ. Zwei Stunden lang haben der neue Prezes und die Aufsichtsratsmitglieder vor dem Gebäude auf den Zutritt gewartet. Die Journalisten folgten Schritt auf Tritt dem neuen TVP-Prezes Szwedo. Es folgten Interviews, Live Übertragungen bei TVN24 und Polsat News, über das alles konnten die Journalisten von TVP weder berichten, noch dabei sein. Bei TVP Info liefen ausländische Nachrichten, der Unfall in der Wujek-Grube (mit derzeit 18 Toten) und Wetter. Für TVP Journalisten und besonders dem TV-Sender war das peinlich. Aber Befehl ist Befehl.
Und was macht Prezes Farfal Inzwischen hat sich Farfal in seinem Büro verbarrikadiert, damit ihm nicht die Entlassungspapiere zugestellt werden können. Die Rezeption kann ihn nicht erreichen, da das Telefon ständig besetzt hält. In die 8. Etage kommt der neue Prezes Szwedo nicht rein. Nach der Panne haben sich die Herrschaften gesammelt und sind zur Anwaltskanzlei Chwa?asa und Partnerzy, zur Besprechung gefahren. Danach fand die neue Sitzung des Vorstandes im Dienstsitz von KRRiTV statt, aber das Bastille TVP bleibt z. Zt. noch unbesiegt und Farfal verteidigt seinen Posten bis zum letzten Atem. Sowohl Farfal, als ausgebildeter Jurist, als auch sein Anwalt empfinden die Entscheidungen und Beschlüsse des Rates als ungültig. Szwedo droht jetzt mit Farfals Disziplinarentlassung und einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. Vielleicht werden die Sondereinheiten der polnischen Polizei das TVP Gebäude stürmen, um den Piotr Farfal zu vertreiben. Und wieder wird das Gericht entscheiden müssen…..
So wie Limahl früher gesungen hat, Never Ending Story, der Streit TVP läuft weiter und vielleicht kommen andere Seifen- Opern wie z.B. Privatisierung der polnischen Werften oder Schutzschild in Polen dazu. Es ist doch immer wieder aufregend und spannend wie geht es jetzt weiter… warum brauchen wir Rote Rosen oder die Lindenstraße, wenn wir Live Seifen- Opern „Made in Poland“ haben können?
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